Ein harmonisches Team:

 

Hermann Janiesch  ist Farben-psychologe, seine Frau Karin Janiesch Architektin. Gemeinsam entwickeln sie Farbkonzepte für Kliniken, Arztpraxen, Alten- und Pflegeeinrichtungen, Wohnungsbau, Bildungseinrichtungen, Wirtschaft, Verwaltung und Industrie.

Kleider machen Leute, Farben machen Häuser.

 

Sie haben sich auf die Farbgestaltung von Gebäuden spezialisiert. Welche Bedeutung haben Farben für das Wohnen?

Farben haben einen großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und unser Empfinden. Sie sind eine emotionale Erfahrung, die eine gefühlsmäßige Bindung zu einem Gebäude schafft und die Wertigkeit von „Mein Zuhause“ deutlich steigern kann. Kleider machen Leute, Farben machen Häuser.

 

Können Sie das genauer erläutern?

Ein gutes Beispiel ist der Gebäudekomplex „Wohnen am Tabakspeicher“, weil ihn der Architekt ursprünglich in Weiß geplant hatte. Er wollte die klare, kantige Architektur betonen und betrachtete Farbe als unnütze Dekoration. Dann haben wir vorgeschlagen, dem Gebäude einen terrakottafarbigen Mantel zu geben, der Wärme ausstrahlt und eine Verbindung zu dem gegenüberliegenden historischen Tabakspeicher schafft. Das hat die B&S als Bauherren überzeugt. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Farbgestaltung einen nicht unwesentlichen Anteil daran hatte, dass das Haus so großen Zuspruch bei seinen Bewohnern gefunden hat – und auch in der breiten Öffentlichkeit.

 

Normalerweise ist es Aufgabe des Architekten, die Farbe eines Hauses zu bestimmen. Ist Farbenplanung ein Luxus?

Nein, die Ausgaben für eine professionelle Farbenplanung machen nur einen Bruchteil der Gesamtinvestition für ein Bauprojekt aus. Immer mehr Bauherren und Architekturbüros erkennen aber, wie wichtig es ist, einer qualitativen Farbgestaltung Aufmerksamkeit zu schenken, weil sie einen klaren Mehrwert schafft.

 

Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein Farbkonzept für ein Haus entwickeln?

Es handelt es sich um einen systematischen Prozess, bei dem sowohl rationale als auch emotionale Faktoren eine Rolle spielen. Am Anfang steht die gründliche Bestandsaufnahme vor Ort. Wir schauen uns die Architektur des Gebäudes und die Umgebung genau an, wir prüfen technische Aspekte und analysieren die Oberfläche der Fassade, auf die die Farbe aufgetragen wird. Wir beschäftigen uns auch mit der Sozialstruktur, fragen also, wer in den Häusern wohnt, um eine möglichst ideale Farbentsprechung zu finden. Wir machen unkonventionelle Dinge, aber vor allem sollen sich die Bewohner wohlfühlen.

 

Und wie gelangen Sie schließlich zu einer konkreten Gestaltungslösung?

Das ist sein kreativer Schöpfungsakt und lässt sich rational nicht erklären. Ich möchte eine Stimmung für ein Haus erzeugen und entwickle dazu verschiedene Ideen. Aufgrund meiner Erfahrung habe ich ein Gefühl für Farbwirkung und kann so entscheiden, was zu einem Projekt am besten passt. Wichtig ist, diese Idee dann für die Entscheider sichtbar zu machen. Dazu stellen wir unsere Entwürfe anhand von originalgetreuen Farbmustern und Modellen vor. Wir wollen der Realität möglichst nahe kommen und unsere Auftraggeber nicht mit schicken Computeranimationen verführen, sondern ehrlich überzeugen.

 

Was tun Sie, falls Ihre Entwürfe skeptisch beurteilt werden?

Als Gestalter ist man verpflichtet, Fragen ernst zu nehmen und zu erklären. Wenn man etwas Neues wagt, weiß man genau, an welcher Stelle Widerstände kommen und bereitet sich darauf vor, seinen Entwurf gut zu begründen. Interessant war es im Fall von Jürgings Hof in Enger, dessen kräftige blaue Farbe öffentlich kritisiert wurde, nachdem das Gebäude bereits fertig errichtet war. Da ist es gut, wenn man einen Bauherren wie die B&S hat, der zu einer Farbentscheidung steht und einem den Rücken stärkt. Das „Blaue Haus“, wie es inzwischen genannt wird, ist übrigens ein Paradebeispiel dafür, dass es sich auszahlt, „Farbe zu bekennen“, wie man so schön sagt. Auch die Bewohner haben sich von der Kritik nicht irritieren lassen. Im Gegenteil – sie haben sich mit ihrem Haus identifiziert und sind stolz darauf, dort zu wohnen.

 

Gibt es eigentlich Farben, die sie bei der Gestaltung grundsätzlich ausschließen? Käme ein knallrotes Haus für Sie in Frage?

Grundsätzlich kann man nichts ausschließen, denn in der Natur gibt es zwar mehr als zwei Millionen Farbnuancen, aber nichts Disharmonisches. Niemand empfindet zum Beispiel eine blühende Wiese als disharmonisch. Wenn man jedoch einige Blumen von der Wiese pflückt und in einen anderen Zusammenhang versetzt, kann es passieren, dass die Farben nicht mehr zueinander passen. Menschen sind in der Lage, selbst Blumen so zu binden, dass sie kitschig wirken. In der Natur gibt es das nicht. Fazit: Möglich ist bei der Farbkomposition alles, aber im Einzelfall muss man sehr achtsam sein. Die jahrzehntelange Beschäftigung mit Farben bedeutet für mich, immer tiefer in die Gesetzmäßigkeiten der Natur einzudringen. Das nimmt mich in die moralische Pflicht, aus jedem Projekt das Beste zu machen.

 

Und welches Projekt ist das beste, das Sie bisher für die B&S gestaltet haben?

Mein Lieblingsprojekt ist der Mühlenweg in Spenge, weil es besonders anspruchsvoll war. Die große Herausforderung war, Neubauten und Altbestand miteinander zu verbinden. Es ist uns dabei gelungen, verschiedene Farben so zu kombinieren, dass das gesamte Quartier einen Eindruck von harmonischer Geschlossenheit macht. Darauf sind wir stolz.

 

Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viele schöne Projekte!

 

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